Die Lage der Industrie

Foto: gettyimages (francescoch)

Handel am Ende

Auch wenn Russland und die Ukraine nicht die Haupt-Handelspartner der deutschen Industrie sind, so gibt es doch zahlreiche unmittelbare Auswirkungen des Krieges. Vor allem der Maschinenbau ist betroffen.

Die wohl deutlichste unmittelbare Auswirkung bisher zeigte sich kaum anderthalb Wochen nach Beginn des Krieges in der Ukraine: Verschiedene Autohersteller mussten ihre Produktion vorübergehend stilllegen, da Kabelbäume fehlten. Aufgrund der günstigeren Arbeitskosten wird eines der wichtigsten Teile eines Autos nahezu nur von ukrainischen Herstellern bezogen. In diesem Moment zeigte sich einmal mehr, wie fragil das Just-in-Time-Prinzip, und vor allem, wie gefährlich eine Single Supplier-Politik sein kann. Der wochenlange Ausfall in den Werken hatte auch massive Auswirkungen auf zahlreiche Zulieferer, deren Aufträge quasi über Nacht storniert wurden. Doch der Krieg Russlands in der Ukraine hat noch etliche weitere Folgen, die in Gänze noch gar nicht abschätzbar sind.

Rares Gut: Der Mangel an Kabelbäumen hat zu Beginn des Krieges dazu geführt, dass Autohersteller ihre Produktion vorübergehend stoppen mussten.

Foto: Getty Images (DERO2084)

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes nahm Russland bei den Exporten Deutschlands im Jahr 2020 mit rund 23 Milliarden Euro Volumen den 15. Platz im weltweiten Ranking ein. Die Ukraine liegt mit 4,5 Milli­arden Euro auf Rang 41. Während Russland vor allem mit Finalgütern aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau beliefert wird, importiert die Ukraine zahlreiche verschiedene Güter aus unterschiedlichen Branchen. Beim Import nach Deutschland belegt Russland mit einem Volumen von 21,9 Milliarden Euro Platz 14. Importiert werden vor allem Öl und Gas, aber auch zahlreiche

Rohstoffe wie Metalle oder Ruß. Die Ukraine liegt mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro auf Platz 44. Neben anderen Waren importiert Deutschland aus der Ukraine vorwiegend Lebensmittel wie Speiseöl und Weizen. In einer aktuellen Umfrage des ADK gemeinsam mit NiedersachsenMetall antworteten 55 Prozent der rund 400 Unternehmen, sie hätten Kunden in Russland, der Ukraine und Belarus. Der Maschinenbau ist darunter am stärksten aktiv, drei von vier Unternehmen, die Handelsbeziehungen mit den drei Ländern unterhalten, sind dieser Branche zuzuordnen.

Auf die Unternehmen haben der Krieg in der Ukraine und die scharfen Sanktionen gegen Russland vielfältige Auswirkungen:

Ukraine: Im Großteil der Werke in der Ukraine kann nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr produziert werden. Arbeitskräfte sind auf der Flucht oder beim Militär. Vor allem im Osten und Süden sind Produktionsstätten durch Kämpfe teils erheblich zerstört. Die Handelsbeziehungen dürften dadurch auch nach einem Ende des Krieges noch auf Jahre schwer gestört bleiben. Vor allem Autohersteller sehen sich daher nach einer Verlagerung von Produktionsstätten in andere osteuropäische Länder und Nordafrika um, um dort etwa Kabelbäume oder Schalter herstellen zu lassen.

Russland: Viele westliche Firmen, die Ableger in Russland haben, stellten die Produktion dort bereits wenige Tage nach dem Kriegsbeginn ein. Der medienwirksame Ausstieg großer Konzerne wie General Electric, Knorr-Bremse, Continental und VW brachte auch viele Mittelständler zu der Entscheidung, sich zunächst aus dem Russland-Geschäft zurückzuziehen. Den betroffenen Unternehmen droht der russische Staat nun mit Enteignung. In manchen Betrieben wurde zwar zunächst weitergearbeitet, die Waren jedoch nicht mehr verkauft, da der russische Staat zu den Hauptabnehmern der Produkte gehört. Andere Mittelständler und Konzerne betreiben ihre Werke und das Russland-Geschäft jedoch weiter. So etwa Metro oder Bayer.
Sie erklären ihre Entscheidung mit den Konsequenzen, die eine Schließung für die russischen Arbeitnehmer und die Bevölkerung hätte.

[ISABEL CHRISTIAN]

Haben Sie Fragen?

Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie von unserem Referent für Wirtschaftspolitik Moritz Mogwitz.

Schreiben Sie eine E-Mail!