
Fotos (3): DIK
Sinn fürs Detail: Der 3D-Drucker druckt auch verschachtelte Modelle haargenau.
DIK: Gummi aus dem Drucker
Rohkautschuk wird nur durch ein spezielles Verfahren zum formstabilen Gummi. Doch das Deutsche Kautschuk Institut (DIK) hat eine Möglichkeit gefunden, wie der 3D-Druck auch mit Kautschuk funktioniert. Für ein weiterführendes Forschungsprojekt werden nun Firmen als Unterstützer gesucht.
Mal eben einen Prototypen bauen oder nur zehn Stück eines selten gebrauchten Bauteils produzieren – dank eines 3D-Druckers schon lange kein Problem mehr. Zumindest, wenn das Bauteil aus einem schmelzbaren und bei Gebrauchstemperatur starren Material wie Metall oder Kunststoff ist. Für die Kautschukindustrie war dies mit Ausnahme von speziellen Silikonmaterialien nicht möglich – bis jetzt. Denn das Deutsche Kautschuk Institut (DIK) forscht seit einiger Zeit an einem additiven Fertigungsverfahren für auf Kautschuk basierende Materialien und dem zugehörigen Prozess, und kann bereits Erfolge vermelden.
Der Knackpunkt ist das Material. Anders als Kunststoff ist Rohkautschuk bei Raumtemperatur nicht formstabil. Nur durch Vulkanisation – den Einbau von zum Beispiel Schwefel zwischen die Molekülketten des Kautschuks – wird das Material stabil. „Die Herausforderung beim 3D-Druck für Kautschukprodukte ist also, die gedruckte Kautschukrohmischung solange in Form zu halten, bis sie vulkanisiert werden kann“, sagt Professor Dr. Ulrich Giese Institutsleiter des DIK e.V. und Geschäftsführer der DIK Prüfgesellschaft mbH. Deshalb bedienen sich die Forscher um Herrn Dr. Benjamin Klie (Abteilungsleiter Verarbeitungstechnik) einem kleinen Trick. Zuerst wird aus Kunststoff eine Form gedruckt, die ähnlich einer Backform als Hülle dient. In diese Form füllt der Drucker zeitversetzt zum Wachsen der Form die Kautschukmasse. Die Ergebnisse der Wissenschaftler lassen sich vorzeigen. So druckten sie etwa mehrlagige Kautschukplatten, die anschließend vulkanisiert wurden. Die daraus ausgestanzten Zugstäbe zeigten, dass die Platten hinsichtlich der gewünschten Eigenschaften wie Zugfestigkeit und Reißdehnung, in verschiedenen Richtungen gemessen, mit den Produkten aus der konventionellen Herstellung, etwa mittels Presse, mithalten konnten.

Die Experten: Prof. Dr. Ulrich Giese (3. v. l.) und das Team mit dem Prototypen des 3D-Druckers für Kautschuk.

Akkurat: Ein solches Kautschuk-Gitter kann der 3D-Drucker bereits drucken.
Der nächste Schritt soll nun der Druck von Produkten sein, die in der Industrie auch tatsächlich Anwendung finden. „Bisher haben wir ja nur simple Körper zu Testzwecken gedruckt, mit denen wir die Eigenschaften und das Verhalten der Materialien untersuchen konnten“, sagt Giese. Jetzt gehe es darum, das volle Potenzial des 3D-Drucks für Kautschukprodukte auszuloten.
Doch auch in der Frage der Form gibt es noch viel Entwicklungspotenzial. So wollen die Forscher die Präzision des Druckers verbessern, um Teile mit komplexen Anforderungen an Form, Struktur und Funktion drucken zu können. „Der 3D-Druck findet ja nicht nur in der Prototypen-Herstellung Anwendung, er ermöglicht es auch, ohne hohe Kosten wenige bis ein einziges, individuell ausgestaltetes Teil herzustellen“, sagt Giese. Das ist etwa für die Medizintechnik interessant, um Produkte wie Implantate, Prothesen oder Einlegesohlen passgenau auf den jeweiligen Träger zuzuschneiden.
Die Aussicht auf ein Verfahren, das all diese Vorteile mitbringt, weckt in der Branche bereits großes Interesse. „Wir haben schon von einigen Firmen Anfragen bekommen, die eine Lizenz für die Nutzung des Druckers erwerben wollen“, sagt Giese. Doch bis zur Marktreife sei es noch ein Stück. Um den Unternehmen den Zugang allerdings bereits zu ermöglichen und gleichzeitig Test-Produkte sowie Know-How aus dem betrieblichen Alltag in die Weiterentwicklung des 3D-Druckers einfließen zu lassen, hat das DIK ein neues Forschungsprojekt geplant. Dafür rufen die Forscher Firmen auf, sich aktiv an der Weiterentwicklung zu beteiligen, entweder finanziell oder durch das Einbringen von Versuchsmaterial, Testanlagen und Fachwissen. Im Gegenzug erhalten die Firmen direkten Zugang zum Drucker und können beispielsweise Prototypen als Versuchsreihe drucken lassen. Das sei vor allem ein Angebot an kleinere und mittlere Unternehmen. „Je nachdem, wie hoch der finanzielle Beitrag ist, können die Firmen den Drucker so auch erwerben, wenn die Technik ausgereift ist“, sagt Giese.
[ISABEL CHRISTIAN]
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