Tarifabschluss

Ort der Einigung: Im hessischen Fulda wurde der Verhandlungsabschluss erzielt.

Foto: Getty Images (wangyangcn)

In der Kautschuk- Branche lebt die Sozialpartnerschaft

Erneut ist es den Arbeitgebern des ADK und der Gewerkschaft IG BCE gelungen, in nur zwei Verhandlungsrunden einen tragfähigen Tarifvertrag für die bundesweit rund 70.000 Beschäftigten der Kautschuk- und Kunststoffindustrie auszuhandeln.

Tarifpolitik kann aufgeregt, geradezu hysterisch sein. In einer solch aufgeladenen Stimmung, wie sie Anfang des Jahres unter anderem im öffentlichen Dienst vorgeherrscht hat, sind vernünftige Kompromisse, die den berechtigten Interessen beider Seiten gerecht werden, kaum noch möglich. Ganz anders verlaufen dagegen die Verhandlungen in der Kautschuk- und Kunststoffindustrie. Seit vielen Jahren ist die Tarifpolitik in dieser Branche von einem respektvollen, sachlichen und professionellen Umgang beider Lager geprägt.

Schon beim vorigen Tarifvertrag 2021 konnten sich die Verhandlungspartner in nur zwei Runden auf einen Abschluss mit mehr als zweijähriger Laufzeit einigen. Und auch in diesem Februar kamen Arbeitgeber und Gewerkschaft in zwei Verhandlungsrunden innerhalb von drei Wochen zu einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis. „Wieder einmal ist es uns gelungen, durch eine lange Laufzeit von 24 Monaten unseren Unternehmen Planungssicherheit in einer äußerst schwierigen Zeit zu geben“, sagt Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des ADK.

Begrüßen die Tarifeinigung: ADK Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt (links) und Christian Grünewald, Betriebsratsvorsitzender von Pirelli.

Fotos (2): Picture Alliance/Andreas Arnold

Früher als gedacht: Angesichts der hohen Inflation und der Belastungen für Betriebe und Beschäftigte hatten die Sozialpartner die Tarifrunde auf Februar vorgezogen.

Planungssicherheit – der Umgang mit diesem Wunsch von Betrieben und Beschäftigten ist ein Beispiel dafür, wie vertrauensvoll das Verhältnis zwischen Kautschuk-­Arbeitgebern und der Gewerkschaft grundsätzlich ist. Denn um die dringend benötigte Planungssicherheit zu bekommen, hatten sich der ADK und die IG BCE darauf verständigt, schon weit vor Auslaufen des Tarifvertrags Ende Mai die ersten Gespräche zu führen.

So trafen sich die Vertreter beider Seiten schon Anfang Februar, um erste gemeinsame Positionen auszuloten. „Ich habe die Auftaktgespräche als extrem ziel- und konsensorientiert empfunden“, lobte Thomas Hofmann, Personalchef bei Pirelli und Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, nach den ersten Tarifgesprächen. Man habe einen guten Einstieg in die Thematik gefunden und er sei optimistisch gewesen, schon im nächsten Gespräch auf einen Abschluss für die bundesweit rund 70.000 Beschäftigten der Branche zuzusteuern.

Zufrieden mit dem Ergebnis: Dr. Sven Vogt,Vorstandsvorsitzender des ADK (v.l.), Thomas Hofmann, Verhandlungsführer des ADK, Marc Welters, Verhandlungsführer der IG BCE und Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des ADK

Foto: Axel Herzig

Zehn Stunden intensive Verhandlungen waren allerdings noch nötig, um drei Wochen später beim zweiten Zusammentreffen in Fulda tatsächlich einen Kompromiss zu finden, dem beide Seiten zustimmen konnten. Der neue Tarifvertrag sieht innerhalb der Laufzeit dreimal eine Erhöhung der Entgelte um einen Sockelbetrag vor. Zusätzlich bekommen die Beschäftigten eine Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 3.000 Euro, ausgezahlt in vier Raten jeweils im März und Juli 2023 und 2024. „Durch die Prämie, die von unseren Unternehmen in der aktuell schwierigen Zeit erst einmal erwirtschaftet werden muss, und die erstmalige Einführung von Sockelbeträgen enthält der Tarifvertrag eine starke soziale Komponente, da besonders die unteren Lohngruppen überproportional von den Festbeträgen profitieren“, sagt Hofmann.


Insgesamt sind wir unaufgeregt und sozialpartnerschaftlich zu einem tragbaren, vernünftigen Ergebnis gekommen.

Dr. Volker Schmidt,
ADK-Hauptgeschäftsführer

„Insgesamt sind wir unaufgeregt und sozialpartnerschaftlich zu einem tragbaren, vernünftigen Ergebnis gekommen“, bilanziert Schmidt. Dennoch seien die Unternehmen für den Kompromiss an die Grenze der Belastbarkeit gegangen. Positiv für die Betriebe seien vor allem die lange Laufzeit und die Verteilung der Entgelterhöhungen vor allem auf 2024 und 2025. „Dadurch, dass wir erst in den kommenden zwei Jahren den Sockel spürbar anheben, schaffen wir unseren Unter­nehmen in der momentan für viele Betriebe der Branche sehr schwierigen Zeit dringend benötigte Luft zum Atmen“, so Schmidt.

[Isabel Christian]

Videofazit

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ADK-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt
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