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Stockmotiv: Getty Images (choness)

Darf’s noch ein bisschen weniger sein?

Die Jäger Group gilt in der Kautschuk- und Kunststoffbranche als Vorreiter beim nachhaltigen Energiemanagement. Nachhaltigkeitsmanager Dr. Maximilian Zarte erklärt, wie das gelingt.

Ausschau halten nach Energieverschwendung: Für Sebastian Jäger, Geschäftsführer der Jäger Group ein Muss für jeden Firmenchef.

Manchmal lässt sich schon mit einer kleinen Veränderung viel Energie sparen. Zum Beispiel mit einer Ampel in der Produktionshalle, die die Nachfrage nach Dampf für die Vulkanisation koordiniert. Bei Artemis Kautschuk- und Kunststoff-Technik in Hannover entstehen unter anderem Formteile und Vorschubbänder für die Holz- und Metallindustrie sowie Sieb- und Fördertechnik für den Agrarbereich.

Lange war es hier so, dass immer wieder ein zweiter Kessel angeheizt werden musste, weil zwei Abteilungen ihre Dampfanforderungen nicht aufeinander abgestimmt hatten. Seit Einführung der Ampel ist das Geschichte: „Jetzt sieht man auf einen Blick, ob der Hauptkessel gerade frei ist oder ob man etwas warten muss. Dadurch konnten wir eine Menge Energie sparen“, sagt Dr. Maximilian Zarte, Nachhaltigkeitsmanager der Jäger Group.

In der Firmengruppe, zu der auch Artemis gehört, werden die Themen Nachhaltigkeit und Effizienz schon jahrelang von den Geschäftsführern und Brüdern Andreas Jäger, Sebastian Jäger und Marius-Quintus Jäger vorangetrieben. „Schon vor zehn Jahren sind die Energiekosten vor allem für Strom stark gestiegen“, erklärt Sebastian Jäger. „Als ‚Energie-Freak‘ habe ich deshalb ständig Ausschau danach gehalten, wo in unserem Betrieb Energie verschwendet wird und wie man das verhindern kann. Aus meiner Sicht ist die ständige Suche nach Energieeinsparpotenzialen für jeden Geschäftsführer ein absolutes Muss.“

Maximilian Zarte ist seit August 2022 Energiemanager bei der Jäger Group. Er zeigt das Dach des neuen Bürogebäudes, auf dem jede verfüg­bare Fläche für Solaranlagen genutzt wird.

Foto: Michael Wallmueller

VIELE PROJEKTE ZUM ENERGIESPAREN

Seit 2012 arbeitet die Jäger Group an einem systematischen Energiemanagement nach den Vorgaben der ISO-Norm 50001. Ein standardisiertes Vorgehen für Unternehmen, bei dem es darum geht, jedes Jahr mehr Energie einzusparen. Dazu bauen die Betriebe Systeme und Prozesse neu auf oder optimieren die bestehenden. Im Fokus steht die kontinuierliche Überprüfung der Energieverbräuche von Maschinen und Anlagen, aber auch von Gebäuden und Prozessen. „Das Energieziel liegt in der Regel bei 5 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr“, sagt Zarte. 2022 aber war es sogar deutlich mehr, angetrieben von der schwierigen Markt­situation: „Durch die Krise bei den Energiepreisen und die damit verbundene Verschärfung unserer Anstrengungen konnte das Energieteam von Artemis beim Strom 7 Prozent und beim Gas sogar 15 Prozent ein­sparen“, berichtet Zarte.

Zarte ist seit August 2022 Nachhaltigkeitsmanager bei der Jäger Group. Der 32-Jährige hat unter anderem chemische Verfahrens- und Umwelttechnik studiert und zum Thema Nachhaltige Produktplanung promoviert. Sein Tätigkeitsbereich umfasst eine Vielzahl von Aufgabengebieten. So befasst er sich etwa mit den Auswirkungen von Gesetzgebungen wie dem Green Deal der EU und dem deutschen Lieferkettengesetz. Er bringt die Erfahrungen der Jäger Group in Netzwerken wie dem Ökoprofit-Klub der Wirtschaftsförderung Hannover ein und koordiniert Projekte zur Vermeidung von CO₂-Emissionen wie die Umrüstung der Dienstwagenflotte auf rein elektrischen Antrieb. Zudem unterstützt Zarte die Energieteams in den 13 Tochtergesellschaften, die an den Standorten Ideen zum Energiesparen entwickeln und umsetzen. Lokale Erfolge trägt der Nachhaltigkeitsmanager dann als gute Beispiele innerhalb der Jäger Group weiter.

Den Mitarbeitern komme beim Energiesparen eine besondere Rolle zu, betont Zarte. Ob es einfache Tätigkeiten sind wie das Lichtausschalten beim Verlassen eines Raumes oder das Melden von Leckagen in Druckluftrohren – der Erfolg steht und fällt mit dem Engagement der Mitarbeiter. „Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns in die Mitarbeiter hineinversetzen und jede Maßnahme und ihren Sinn verständlich erklären“, sagt Zarte. Denn was die Menschen nicht verstünden, das setzten sie in der Regel auch nicht um. Die Beschäftigten sollen aber nicht nur umsetzen. Sie sind auch aktiv gefragt als Ideengeber und sollen selbst Vorschläge machen, wie die Unternehmens­gruppe mehr Energie einsparen kann. Weil sie buchstäblich ganz dicht dran an Maschinen und Prozessen sind, können sie viel schneller erkennen, wo im Arbeitsalltag Energie verschwendet wird.

Ein neues Ampelsystem zeigt an, ob der Dampfkessel noch frei ist.

Foto: Michael Wallmueller

Auch in der Produktion sind die Mitarbeiter aufgefordert, immer nach Einsparmöglichkeiten für Energie Ausschau zu halten.

Foto: Jäger Group

GERINGER AUFWAND, HOHER ERTRAG

Um die Aufmerksamkeit und die Kreativität der Mitarbeiter für das Thema zu verstärken, hat Jäger sogar einen Energiewettbewerb ins Leben gerufen. Die besten Ideen belohnt das Unternehmen mit Preisen wie einem E-Bike. „Es gab viele Hinweise zu Energieverschwendungen durch unnötiges Licht oder Druckluftleckagen, die wir mit Bewegungsmeldern oder zusätzlichen Druckluftventilen leicht vermeiden konnten“, sagt Zarte. Zusätzlich kamen viele Ideen, wo sich in der Produktion durch den Einsatz von einfachen Schaltuhren Prozesse energieeffizienter steuern lassen. „Auch bei diesen Vorschlägen kann man in der Regel mit recht wenig Aufwand schon viel sparen“, erklärt Zarte.

Hinzu kommen größere Investitionen wie Photovoltaik auf Firmengebäuden und eine Software für ein systematisches Energiemanagement. Letztere hilft zum Beispiel dabei, Lastspitzen in der Produktion deutlich zu verringern. Diese sind sehr teuer für den Betrieb: Energieversorger rechnen nicht nur die Kosten für die tatsächliche Strommenge ab, den Arbeitspreis. Sie lassen sich auch einen Leistungspreis dafür bezahlen, dass sie größere Strommengen vorhalten. Und die bemessen sich an der höchsten Lastspitze innerhalb eines Jahres. „Mit einem intelligenten Energiemanagement können wir etwa Lastspitzen viel besser abfedern, damit das Energienetz entlasten – und auch viel Geld einsparen“, sagt Zarte.

Schließlich ist Energieeffizienz zwar ein wichtiger Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit in der Industrie. Zugleich aber ist sie ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Kautschuk- und Kunststoffproduktion in Deutschland.

[Isabel Christian]

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Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie von unserer Pressesprecherin Isabel Christian.

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