Traumberuf ins Netz gegangen
Noch nie dürfte es für Unternehmen so schwierig gewesen sein, in Schulen um Nachwuchskräfte zu werben, wie seit Beginn der Pandemie. Neun von zehn Unternehmen konnten einer Umfrage von NiedersachsenMetall zufolge im vergangenen Jahr kaum bis gar keine Berufsorientierung anbieten, die große Mehrheit der Schulen keine in Anspruch nehmen. Doch Not macht erfinderisch und so entwickelte die Stiftung NiedersachsenMetall Möglichkeiten, wie Unternehmen und Schüler auch in Pandemiezeiten ganz unkompliziert zusammenfinden.
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Speed Dating für
Nachwuchskräfte
Berufsorientierung auf Augenhöhe – darum geht es beim „Job Shot“. Das Stiftungsprojekt bringt Schüler mit Azubis per Videoschalte zusammen. Das Besondere: Die Gespräche finden ganz privat in sogenannten „Breakoutrooms“, also separaten Sitzungen innerhalb eines Meetings, statt. Hier beantwortet je ein Azubi die Fragen von ein bis zwei Schülern: „Warum hast du dich für deinen Beruf entschieden? Wie sieht dein Tagesablauf aus? Wie schwer ist die Berufsschule?“ Nach sieben Minuten ist das Gespräch vorbei und es geht in den nächsten Breakoutroom. „Es ist ein bisschen wie Speed-Dating“, erklärt Stiftungsmitarbeiterin Elke Peters: „Jugendliche können sich auf Augenhöhe mit fast Gleichaltrigen unterhalten.“ In der ersten Projektrunde sind 30 Neuntklässler der Albert Einstein Schule Laatzen auf 28 Azubis verschiedenster Ausbildungsbereiche getroffen: von Industrie- und Zerspanungsmechanik über Hotellerie, Gesundheits- und Krankenpflege bis hin zu Veranstaltungstechnik. „Wir schauen bewusst über den Tellerrand der Metall- und Elektro-Industrie hinaus“, sagt Peters.
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Liveschaltung
in den Betrieb
Eigentlich ist es für die Schüler der IGS Franzsches Feld nicht weit bis zur Braunschweiger Flammenfilter GmbH. Ein Betriebsbesuch bei dem Unternehmen, das Armaturen zum Explosionsschutz herstellt, ist in Corona-Zeiten allerdings undenkbar – eigentlich: Die Stiftung NiedersachsenMetall hat die Jugendlichen und den Betrieb nämlich virtuell zusammengebracht.
Gemeinsam mit der Kooperationsinitiative Maschinenbau und der Agentur für Arbeit hat Stiftungsmitarbeiter Ulrich Rode eine Online-Betriebsbesichtigung organisiert: „Bei den Jugendlichen möchten wir im Corona-Alltag vor allem Emotionen wecken – Theorie vergisst man schnell, echte Erlebnisse bleiben hängen!“ Mit dabei: Ausbilder Sören Pape und Zerspanungsmechanik-Azubi Hendrik Bode. Über eine Videoplattform führen die beiden mit einem selbstgedrehten Video durch ihr Unternehmen: Vom Besucherzentrum, wo es einen Flammenfilter aus der Nähe zu sehen gibt, über die Einzelteilfertigung, die Qualitätssicherung und die Montage bis hin zur Ausbildungswerkstatt, wo Hendriks Azubi-Kollegen fräsen, drehen und schleifen. Anschließend dürfen die Schüler Fragen stellen. „Es ist toll, dass durch dieses Format potenzieller Nachwuchs auf uns aufmerksam wird“, sagt Pape.
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Der M+E-Info-Truck
rollt auch durch’s Internet
Normalerweise fährt der 32-Tonner auf die Schulhöfe, um ganzen Schulklassen einen praktischen Einblick in die Metall- und Elektro-Industrie zu geben. Zurzeit steht der M+E-InfoTruck still – zwangsweise wegen der häufigen Schulschließungen. Doch die Berufsorientierung findet trotzdem statt: Die Berufsberater aus dem Truck schalten sich per Livestream in die Klassen und präsentieren die 40 spannenden Ausbildungsberufe der Branche virtuell. Athanasia Lüders, Lehrerin an der Leine-Schule in Neustadt, hat sich mit ihrer 9. Klasse im Fach Wirtschaft als eine der ersten für das neue Format angemeldet. „Der ME-BerufeStream ist ein gutes Beispiel dafür, wie auch im Moment hilfreiche Maßnahmen zur Berufsorientierung durchgeführt werden können“, sagt sie. Dass das Angebot bei den Schülern gut ankam, zeigte eine virtuelle Umfrage: Demnach konnten sich acht von elf Schülern vorstellen, sich um einen Ausbildungsplatz in der Metall- und Elektro-Industrie zu bewerben.